Als dann irgendwann klar war, dass es für mich wohl nach Hamburg gehen wird, gratulierten mir vieler meiner Berliner Freund*innen. Sie würden auch nach Hamburg gehen, wenn sie nicht in Berlin leben würden. »Aha« dachte ich. Eigentlich wollte ich ja weg aus Berlin.
Zudem war ich schon sehr viel in Hamburg. Zum ersten Mal war das 2010 als ich meine Brieffreundin in der Nähe von Lüneburg besuchte, die Elbphilharmonie noch in Bau. Danach war ich dann so grob alle zwei Jahre mal da, manchmal auch mehrmals im Jahr. Kurzum: bevor ich eine Wohnung hier hatte, kannte ich die Touri-Sachen schon ganz gut und hatte, na ja, »ein Bild«. Und das war das einer Stadt, die sehr glücklich, entspannt, mit sich selbst im Reinen ist. Eine Stadt, die es sich gerade im Garten bequem gemacht hat, auch wenn’s ein bisschen nieselt, sich eine Bio-Praline in den Mund schiebt und weltzufrieden in die Gegend grinst. Abends Lagerfeuer.
Jetzt, wo ich diesen Text hier schreibe, bin ich nun schon fast anderthalb Monate da, weswegen es mir relativ schwer fällt, irgendwelche Erwartungen zu rekonstruieren. Aber ich hatte auf jeden Fall dieses »das wird was Großes«-Gefühl, mit meinem neuen Reiseführer in der Hand. Was ich noch sehen und erleben wollte war vor mir und relativ genau in meinem Kopf ausgemalt. Abends an der Elbe sitzen und auf den Hafen starren. Nachts durch die Schanze laufen und Bier trinken. Nachmittags im Café an der Alster sitzen und Zeitung lesen – classic. Hamburg, die Perle.
Und dann, was ist dann passiert?
Ich denke Erwartungen und Vorfreude sind zwei verschiedene paar Schuhe. Erwartungen hat man meistens, wenn man eine Sache nicht kennt und romantisiert. Vorfreude hat man hingegen, wenn man eine Sache ziemlich gut kennt oder sagen wir, wenn man sich sicher ist, dass sie gut werden wird: das Konzert der Band, ein Essen mit Freunden und Date.
Vorfreude kann deshalb auch nicht zu groß oder hoch sein. Erwartungen schon. Bei der Vorfreude hat man eine gewisse Sicherheit, dass das schon werden wird. Erwartungen können erfüllt, unter- oder übertroffen werden. Das kommt dann wiederum auf die Erwartungen an.
Na ja. Meine Hamburg Erwartungen entsprachen jedenfalls nicht der Realität. Ich fühlte mich fremdkörperig, nicht dazu gehörig und vermisste einen bunten Mix aus Menschen. Dass die Person, die das Zimmer an mich vermietete unter einer von mir diagnostizierten Zwangsstörung leidet, war dem Ganzen sicherlich auch nicht zuträglich.
Und es ist eben nicht so wie Berlin
Mir fehlt der Mix. Mir fehlen die Kulturen. Am wohlsten fühle ich mich irgendwie dann doch auf der Veddel und in St. Georg. Beides Stadtteile, die entweder für ihre Bewohner*innen mit Migrationshintergrund oder ihrer sexuellen, nicht heteronormativen Orientierung bekannt sind. Der Rest: weiß, reich und hetero.
»Aber die Schanze!«. Ja, die Schanze. Hat mir auch gefallen. Aber auch dort musste ich sehr damit kämpfen, mich nicht wie ein Fremdkörper zu fühlen, wenn die Flora statt in ihrer verdienten als besetztes Haus stehen zu können, als Touristenmagnet für jung und alt gerade stehen muss. Das ist doch nicht real. Das ist doch nicht wahrhaftig. Aber nun gut, genug hate für den Moment.
Hamburg ist schon cool. Hamburg hat coole Orte. Und Hamburg hat tolle, architektonisch, kulturell, aber auch naturell sehr wertvolle Ecken mit viel Wasser und viel Grün. Aber es ist nicht Berlin. Und die meisten meiner Berliner Freund*innen würden hier nicht unbedingt so gern wohnen. Sorry, Hamburg. Trotzdem Freunde bleiben?
[…] gilt unter der Wohnungssuchenden neben Berlin und München als ungefähr schlimmste Stadt, um ein Zimmer zu finden. Und da noch niemand das […]