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Cafés in Hamburg?

»… und vor allen Dingen kann ich dann immer in Cafés gehen und dort arbeiten«, wollte ich Tina neidisch machen. Ich glaube, so richtig geklappt hat das nicht, weil sie das gar nicht so gern macht wie ich. Und weil das dann oft gar nicht mal sooo toll war. Aber warum eigentlich? Was ist falsch mit den Cafés in Hamburg?

Ich nehme es gleich vorweg: ich bin im Café-Game noch nicht so lange dabei. Sehr lange war ich viel zu schüchtern allein, ins Café zu gehen. Ich kam mir komisch vor und hatte sehr große Angst, die Rolle der einsamen Frau ohne Freund und ohne Freunde einzunehmen. Seitdem ich das weiß und besonders, seitdem ich weiß, wie bescheuert ich das eigentlich finde, läuft’s super und ich liebe ins Café gehen.

Was ein gutes Café ausmacht

Ein gutes Café und ein gutes Café zum Arbeiten unterscheiden sich nicht notwendigerweise. Die Menge aller guten Cafés zum Arbeiten ist allerdings, wie es der Name schon vermuten lässt, eine echte Teilmenge der Menge aller guten Cafés. Beiden gemein ist neben einem tollen Flair, klar, eine ordentliche Auswahl an Kaffe und Milchs (ja, diesen Plural sollte es geben!). Damit meine ich nicht, dass die Auswahl möglichst groß sein sollte. Wie überall gilt auch hier die Achtzigzwanzig-Regel: 80% der Leute trinken 20% der Karte. Ich brauche keine Macchiatos in allen Regenbogenfarben, keine Milchshakes mit Caramel und schon gar keine überzuckerten Frappés. Ich will, dass es tollen Kaffee gibt, dass Soya- und Hafermilch da ist, für die Spezis vielleicht auch noch laktosefreie Milch, und alles mit einem 1-A-Milchschaum verziert. Ich will keinen Melange, ich brauche keinen Cortado, ich brauche keinen Flat White. Ich brauche einen Espresso, einen ordentlichen Filterkaffee, einen Cappucino, ’n schönen Milchkaffee und wenn’s unbedingt sein muss auch mal einen Latte Macchiato. Fertig.

In einem guten Café und in einem guten Café zum Arbeiten spielt das Thema Musik eine wichtige Rolle. Beide haben nämlich entweder Personal mit einem guten Musikgeschmack und einer verlässlichen Playlist. Oder Personal mit genügend Selbsterkenntnis, um die Musik aus zu lassen. Letzteres kann besonders schön sein, wenn man draußen sitzt und die Stadtgeräusche genügen. Und was ist nun gute Musik? Tja, das sieht natürlich jeder anders. Aber grundätzlich gilt: lieber untertreiben. Es muss nicht immer Musik sein, die mich durch ihre Einzigartigkeit und raffinierten Kompositionen umgehend überrascht und unbedingt zum Flair des Cafés, der Tages- sowie Jahreszeit und der allgemeinen Ausrichtung des Cafés passt. Es reicht aus, wenn 1. keine Chart- und 2. keine Technomukke läuft. Janz einfach.

Dritter Punkt: das Personal. Ich finde immer schwierig zu sagen, dass jeder ja irgendwie freundlich und offen sein kann, egal wie die Kunden sind. Manchmal hat man einfach doofe Tage, da muss man auch mal pampig und von vornherein unfreundlich sein dürfen… Moment. Nein, muss man nicht. Meine zugegeben nicht sehr lange Zeit von zwei Monaten nach dem Abi im Café Diana in Frankfurt (Oder) hat mich wenn dann eins gelehrt. Die Leute, die Cafés besuchen, haben meistens sehr gute bis durchschnittlich gute Laune. Wenn du schlechte Laune hast und auch wenn du gestresst bist und viel los ist, fällt es meistens trotzdem ziemlich leicht, sich einfach von der Laune deiner Gäste hochziehen zu lassen. Wenn du gute Laune hast – noch viel besser, dann kommen nämlich irgendwann die Leute wegen dir und nicht wegen des einzigartigen Cortado Frappé mit Pumpkin Spice.

Bis hierher gibt es einige Kandidaten, die zwar im Recall gelandet, dann aber doch nicht weitergekommen sind. Cafés, auf die ich mich freue, wenn ich mal wieder freizeitlich in Hamburg bin.

  1. Das Frau Larsson, ein schwedisches Café, hat tolles Frühstück mit unglaublichem, selbstgebackenem Kürbiskern-Cranberry-Brot und großartigem Knäckebrot (und eigentlich mag ich kein Knäckebrot!).
  2. Das Café hejpapa hat ganz tolle Quiches, ist glaub ich ziemlich vegetarisch unterwegs und überzeugt vor allen Dingen durch die tolle Lage, wenn man mit Besuch in der Neustadt ist.
  3. Das Café Nasch im alternativen Gängeviertel ist vegetarisch/vegan, hat ebenfalls eine super Lage, einen ganz tollen Spirit und ist super klein und süß.
  4. Und das Copenhagen Coffee Lab (Beitragsbild) hat extrem guten Kaffee, Abendsonne durch Westausrichtung und großartiges Personal, allerdings ein, um jetzt mal was vorweg zu nehmen, instabiles WLAN.

Was ein gutes Café zum Arbeiten ausmacht

Ja, natürlich, wir alle ahnten es. Zum Arbeiten braucht es in der Generation Homeoffice eben auch WLAN. Oder beziehungsweise: ich brauche WLAN. Und besonders brauche ich WLAN, das stabil ist, schnell und kostenlos. WLAN, das ich nicht vom lokalen Vodafon-Hotspot beziehen muss und das auch noch da ist, wenn ich meinen Laptop kurz mal zu und dann wieder auf klappe.

Weiterhin brauche ich lange Öffnungszeiten. Es gab Cafés, die toll aussahen, die aber leider schon um 15 oder 16 Uhr zumachten. Das ist exakt die Zeit, zu der ich meistens erst in ein Café gehe. Ich finde es schön, den Abend dort zu verbringen und nach dem Laptop-Zuklappen dieses Nach-Hause-Gehen-Gefühl zu haben. Diesen Nachhauseweg, dieses Fertig-Sein. Alles nichts, wenn ich danach zu Hause weiterarbeiten muss.

Drittens brauche ich idealerweise noch andere Menschen, die arbeiten. Das ist zwar wirklich die Kirsche auf der Sahne, aber nichts ist schöner als Co-Working. Das fand ich schon im Studium toll und liebe es jetzt immer noch heiß und innig. Und wenn’s schon kein Büro gibt, dann eben so. Da gibt’s doch bestimmt auch ganz viele Studien, die belegen, um wie viel produktiver man dann ist, oder?

Ins Finale haben es somit einige Cafés in Hamburg geschafft. Allerdings lange nicht so viele, wie ich mir erhofft oder gar wie ich erwartet habe. Hier meine erlesene Auswahl an zwei Monaten Café-in-Hamburg-Erfahrung:

1. Das Café Elippa (Bild) in Eppendorf. Es liegt direkt am Kanal, man sitzt praktisch über ihm auf einem Balkon, Leute halten in Booten an, um Bier, Kaffee und Kuchen mitzunehmen. Der Kaffee ist ohne viel Schnörkel, es gibt Steckdosen, das WLAN ist toll, die Musik unaufdringlich. Es ist nicht zu voll, einziger Wermutstropfen und gleichzeitig auch nicht: kaum andere Workers, da eigentlich auch Bildungs-, Kurs- und Keativitätsstätte für Kinder.

2. Hermetic Coffee Roasters in der Schanze. Etwas hipsteriger (oder eher: überhaupt hipsterig), wunderschön in sowas wie einem Hof gelegen, nur leider etwas klein für’s drinnen arbeiten. Dafür reicht das WLAN bis nach draußen.

3. Der Katzentempel (Video oben) in Eimsbüttel. Eigentlich dafür bekannt mit seinen Katzen zu überzeugen, fühlte ich mich da besonders durch das sehr entspannte und super liebe Personal richtig gut aufgehoben. Weiterer Pluspunkt: alles ist vegan und lädt zum Abendessen (oder halt Mittag) ein. Katzen habe ich zwar nur rumliegen gesehen, aber das ist ja auch eigentlich ganz entspannt. Und das WLAN ist top!

4. Public Coffe Roasters ist das zweite Hipster-Café und hat leider nur bis um 5 offen. Aber immerhin. Die haben sich hier trotz ihrer ein bisschen zu großen Karte ganz toll mit dem Thema Kaffee auseinandergesetzt. Außerdem arbeiten viele andere Leute an ihren Laptops und das Personal ist super toll.

Cafés in Hamburg: die Ausbeute

Vier Cafés. Vier Cafés in Hamburg ist die Ausbeute von zwei Monaten. So richtig Frieden habe ich noch nicht geschlossen. Aber auch weil es mir nicht nur ein Mal passiert ist, dass ich damit endete, mein mobiles Datenvolumen zu benutzen, um Arbeiten zu können. Weil es eben doch noch viele Cafés gibt, die sehr schlechtes bis gar kein WLAN haben. Und weil man mit der Google Maps Suchanfrage von »Cafés WLAN Hamburg« eben doch hauptsächlich noch klassische Internetcafés bekommt.

Nun ist natürlich noch die Frage, woran das liegt. Aus Versehen und ich hatte einfach Pech? Oder laufen die Uhren in Hamburg eben doch noch anders? Ist das der Hamburger Lebensstil als »Ökostadt Hamburg«? Im No-Waste-Café Hamburg gab’s auf jeden Fall noch ganz lustige »kein-WLAN-Schilder unterhaltet euch«-Schilder. 2020 in Germany.

2 Kommentare

  1. Cenin Cenin

    „spielt das Thema Musik eine wichtige Rolle. Beide haben nämlich entweder Personal mit einem guten Musikgeschmack und einer verlässlichen Playlist. Oder Personal mit genügend Selbsterkenntnis, um die Musik aus zu lassen.“ aha soso also 😀

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